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Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang

Die Rheinpfalz - Ludwigshafener Rundschau - Nr. 73, 27. März 2014 Kultur Regional

Geschichten aus einem zerrissenen Land Der deutsch-polnische Autor Artur Becker liest im Ludwigshafener Ernst-Bloch-Zentrum

Von Hans-Ulrich Fechler

Der deutsch-polnische Autor Artur Becker hat ein ehrgeiziges Epos geschrieben. Darin verhandelt er nicht nur die Zeit der Wende in Polen, sondern spickt die Handlung mit vielen Anspielungen auf die Literaturgeschichte. Im Ludwigshafener Ernst-Bloch-Zentrum hat er aus seinem umfangreichen Roman „Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang“ gelesen. Es gibt nur sehr wenige Schriftsteller von Rang, die nicht in ihrer Muttersprache geschrieben haben. Unter den Polen ragt Joseph Conrad heraus, der eigentlich Józef Korzeniowski hieß, Ende des 19. Jahrhunderts britischer Staatsbürger wurde und Romane in englischer Sprache schrieb, die er erst spät erlernt hatte. Artur Becker ist trotz seines deutschen Namens gebürtiger Pole, kam mit 17 Jahren 1985 nach Deutschland und begann vier Jahre später auf Deutsch zu schreiben. Seitdem hat er 13 Bücher mit Gedichten, Romanen und Erzählungen veröffentlicht und wurde mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis ausgezeichnet, einer Ehrung für deutschsprachige Schriftsteller, deren Muttersprache nicht das Deutsche ist. 2007 hat Artur Becker in der Lesereihe „Europa/Morgen/Land“ schon einmal Ludwigshafen besucht. Damals las er aus seinem Roman „Das Herz von Chopin“. Ins Ernst-Bloch-Zentrum hatte er nun seinen jüngsten Roman „Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang“ mitgebracht.
Beckers Thema ist das durch die Geschichte nicht unbelastete deutsch-polnische Verhältnis. In dem stark autobiografisch geprägten Roman „Das Herz von Chopin“ erzählte er von einem jungen Mann, der aus dem ostpolnischen Bartoszyce stammt, wo auch Becker 1968 geboren wurde. Wie der Autor verlässt seine Romanfigur mit dem Spitznamen Chopin 1983 ihr zwischen Katholizismus und Kommunismus hin und hergerissenes Heimatland, das ihr zu klein und eng geworden ist. In Deutschland wird „Chopin“ dann jedoch nicht Schriftsteller, sondern Autohändler. Dieser Beruf gibt Becker Gelegenheit, mit Vorurteilen im Umgang zwischen Deutschen und Polen zu spielen.
„Das Herz von Chopin“ war ein Schelmenroman. Beckers jüngster Roman hingegen ist eine tiefsinnige Auseinandersetzung mit der Frage nach dem, was die Welt im Innersten zusammenhält. Bei dem Titel „Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang“ handelt es sich um ein Zitat aus dem 113. Psalm. Den bedeutenden polnischen Lyriker und Nobelpreisträger Czesław Miłosz hatte die alttestamentarische Bibelstelle bereits zu einem Gedicht und der Frage nach dem Weltprinzip angeregt.
Beckers Roman spielt an Allerheiligen. Das Totenfest mit einer Anspielung auf „Die Totenfeier“ des polnischen Nationaldichters Adam Mickiewicz verbringen der Protagonist Arek und seine Cousine Mariola am Totenbett des plötzlich verstorbenen Onkels Karol. Sie erzählen sich Geschichten, die die Zeit des Zusammenbruchs des Sowjetimperiums in ihren Auswirkungen auf Polen reflektieren. Damals sei für viele Polen eine Welt zusammengebrochen, sagte Becker. Menschen hätten ihre Arbeit, schlimmer noch ihre Identität verloren. Wer sind wir? Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Genau um solche Fragen kreist auch sein Roman, in dem er, wie Dostojewski, sich nicht scheut, Jesus Christus persönlich auftreten zu lassen. Dabei ist sein mit unüberhörbarem Akzent vorgetragener Roman leicht, charmant und mit leiser Ironie geschrieben. So wie auch er selbst im Bloch-Zentrum auftrat.

 

 

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